Denkmalschutz

Sanierung und Bewohnung eines Bauernhauses in Hannover, 1986-1998

 

Fachwerkhäuser mochte ich seit meiner Kindheit in einem hessischen Dorf. Als Mitarbeiter eines Museums für moderne Kunst wäre es mir selber aber kaum eingefallen, für meine vier-köpfige Familie ein solches Haus zu erwerben, um darin zu leben. Der Anstoß dazu kam von einem befreundeten Stadtplaner von Hannover, der uns im Sommer 1985 eines seiner „Sorgenkinder“ vorstellte: ein altes Bauernhaus, das zum einstigen Dorf Ricklingen gehörte, seit den 60er Jahren seine Schönheit hinter einer Eternit-Verkleidung verbarg und auf einen kühnen Liebhaber wartete. Ich erwarb das dringend sanierungsbedürftige Gebäude,

beantragte erfolgreich den Denkmalschutz und stürzte mich, gemeinsam mit meiner damaligen Frau und unseren beiden Söhnen, in das Abenteuer „Rettung, Sanierung und Bewohnen eines Baudenkmals“.


Das einstige Wohn- und Wirtschaftsgebäude wurde 1845 von Zimmermeister Christoph Flohr als sog. Vierständerbau in typisch niedersächsischer Fachwerkbauweise errichtet. Nach den zahlreichen Um- und Einbauten gestaltete sich die Entkernung aufwendig. Zum Glück hatten sich das Eichenfachwerk wie auch der alte, von Hand geformte Dachbelag ziemlich gut erhalten. Andere Bauteile mussten jedoch durch altes oder neues Material ersetzt werden. Alle Gefache wurden mit alten „Handbakker“-Steinen neu aufgebaut.

Von 1986 bis 1998 haben meine Familie und meine Mieter mit mir gemeinsam das Haus bewohnt und sich am historischen Ambiente mit Bauerngarten erfreut. Wir haben das 150-j. Jubiläum des Hauses und andere Feste gefeiert. Zu unseren Gästen gehörten Museums-kollegen aus Brasilien, Tel Aviv oder Ost-Berlin sowie die Künstler/innen Keith Sonnier, Magdalena Jetelová, Bernhard Heisig und Andrea Fraser. Von Franz Erhard Walther, der 1917 in Venedig mit dem Goldenen Löwen als „Bester Künstler“ ausgezeichnet wurde, erwarb ich eine mehrteilige Configuration, die er selber in die Fachwerkwand der Diele einfügte (s. o.). 1998, vier Jahre nach der Heirat mit meiner zweiten Frau, verkaufte ich das Bauernhaus und zog nach Karlsruhe um.

Links oben: Das Bauernhaus in Hannover-Ricklingen nach dem denkmalgerechten Umbau (Blick von Süden).


Rechts oben: Configuration. Dunkelblau und Rosa 1991 von Franz Erhard Walther. Die mehrteilige Arbeit fand hier, vom Künstler selber in die Fachwerkwand komponiert, ihre erste Präsentation. Foto: Michael Herling, Hannover.


Links: Gemeinsam mit Keith Sonnier (USA), der zuvor mit einer 1,2 km langen Lichtinstallation namens Lightway den Münchener Flughafen mit einem künstlerischen Highlight ausstattete, feiern wir im Bauernhaus den erfolgreichen Aufbau seiner Ausstellung im Sprengel Museum Hannover, Juni 1993.